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Als
Hernals noch ein kleines Dorf war, lebte da am Ufer des Flüsschens Als der
Weinhüter Christian Sündbock mit seiner Frau und seiner Tochter Adelgunde.
Das Mädchen war voll Leibreiz und somit ganz anders als die anderen
Bauernkinder in der Nachbarschaft. Das Kind hatte eine so graziöse Art, eine
gepflegte Aussprache und so viel Würde, dass die Hernalser glaubten, das
Mädchen sei nicht des Sündbock leibliche Tochter.
Als Adelgunde erwachsen worden
war, entdeckte sie ihr Herz für den jungen Lehrer Peter Reimandl, welcher
aus Wien nach Hernals gezogen war. Reimandl war ein fleissiger und hübscher
Mann und erwiderte zwar die Liebe Adelgundes, jedoch beschäftigte ihn die
Tatsache, dass er herausgefunden hatte, dass seine Angebetete die Tochter
des Grafen Stolzenberg war, welcher sie in ihren Kindjahren zu Bauer
Sündbock in Pflege gegeben hatte.
Peter hielt beim Bauer um Adelgundes Hand an. Dieser entsprach dem wunsch
zwar nicht, versprach dem Lehrer jedoch, als er al er von Peters Kenntnis
über Adelgundes Abstammung erfuhr, mit dem Grafen zu sprechen und bat Peter
gleichzeitig, Adelgunde von dem Gespräch nichts zu verraten.
Als Peter seine Geliebte wieder traf, fragte er sie, ob sie ihn auch
heiraten würde, falls sie plötzlich reich und adelig wäre. Sofort antwortete
Adelgunde: „Niemals würde ich unsere Liebe verraten! Eh‘ ich mich von dir
abwende, sollen die Glocken der Bartholomäuskirche am Karfreitag läuten.“
Es vergingen eingie Tage, als
eine noble Kutsche vor dem Haus des Winbauern vorfuhr. Es war Graf von
Stolzenberg, welcher edel gekleidet ausstieg und in Sündbocks Stube trat.
Adelgunde wurde ins Zimmer gerufen, und man offenbarte ihr die Wahrheit über
ihre Herkunft. Das Mädchen wurde blass vor Schreck, warf sich schluchzend
auf die Knie und sagte: „Ich kann doch nicht meine Zieheltern verlassen, die
mich lieben wie ihre eigene Tochter!“
Der Graf billigte diese Worte keineswegs, doch musste er sich eingestehen,
dass er in diesem Moment kaum etwas ausrichten konnte. So sprach er zu
Adelgunde: „Du bist meine leibliche und somit rechtmässige Tochter, daher
habe ich das Recht dich zu mir zurück zu nehmen, doch will ich dir Zeit
geben bis zu den Ostertagen, damit du dich auf die Trennung von deinen
Zieheltern vorbereiten kannst. Das Mädchen entgegnete: „Eher läuten die
Glocken der Bartholomäuskirche am Karfreitag, als dass ich meine geliebten
Eltern verlassen werde!“ Wutentbrannt zog der Grad von dannen.
Es rückt die Karwoche an. Peter
Reimandl war sehr oft mit Chorproben beschäftigt und hatte deshalb wenig
Zeit für Adelgunde. Am Gründonnerstag war das Mädchen nirgends mehr
aufzufinden.Den ganzen Karfreitag über läutete wie üblich zum Gedenken an
den Tod Jesu keine Glocke. Aber um Mitternacht erklang plötzlich helles
Glockengeläut durch das Dorf. Der Messdiener lief zur Turmstube der
Bartholomäuskirche und blieb dort totenblass stehen: Eine unheimliche
weissgekleidete Frau zog am Glockenstrang und verschwand im Nichts, nachdem
der zwölfte Glockenschlag verklungen war. Der Messdiener berichtete dem
herangeeilten Volk, was er eben erblickt hatte, und man heilt es für ein
Vorzeichen eines nahenden Unglücks. Die Vermutung bewahrheitete sich, als am
nächsten Tag ein Bauer im Weidengehölz am Ufer der Als die Leiche der
Adelgunde fand.
Erschüttert nahm Peter Reimandl Abschied von seiner verstorbenen Geliebten,
ging darauf zum Militär und kehrte niemals wieder nach Hernals zurück.
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