Wiener Kaffeehäuser

planet-vienna, das cafe landtmann in wien

Jede Stadt hat ihre Kaffeehäuser, wo sich Menschen aus allen Schichten begegnen, sich entspannen, sich einen Kaffee gönnen und dabei die Zeitung lesen. In Wien hat das Kaffeehaus jedoch eine ganz besondere Bedeutung, und die Kaffeehausszene ist nirgends so besonders wie hier, denn nicht von etwa ist die ehemalige Kaiserstadt so berühmt für ihre unvergleichlichen Kaffeehäuser.

Eine Legende erzählt den Ursprung des Wiener Kaffeehauses: Nach Ende der Zweiten Türkenbelagerung Wiens um 1683 fand man zwei Säcke mit unbekannten Bohnen, was zuerst für Kamelfutter gehalten wurde und verbrannt werden sollte. Doch König Jan Sobieski liess die Säcke seinem Offizier Georg Franz Kolschitzky übergeben, welcher sich der Bohnen Verwendung kundig machte und wenig später das erste Kaffeehaus gründete. Anfänglich jedoch mit wenig Erfolg, denn das Getränk schmeckte bitter und fand kaum Anklang. So fügte er Zucker und Milch hinzu, hatte die erste Melange hergestellt, und schon schmeckte es jedem.

Das erste Wiener Kaffeehaus war entstanden. Dies bleibt eine Legende, denn in Wien war Kaffee bereits vor dem Eintreffen der Türken bekannt. Es war der Grieche Johannes Theodat, welcher in Wien im Jahre 1865 das erste Kaffeehaus eröffnete und den Kaffee erst richtig gesellschaftsfähig machte, worauf die Bevölkerung nicht genug von dem wohlschmeckenden schwarzen Getränk kriegen konnte. In der Folge entstanden immer mehr Kaffeehäuser, und um 1900 existierten davon in Wien bereits 600, wobei die Gäste stets Männer waren und Damen nur an der Seite eines Mannes zutritt hatten. Es gab noch keine verschiedenen Kaffeearten zur Auswahl. Vielmehr zeigte der Ober dem Gast eine Tafel mit unterschiedlichen Kaffeefarben, welche die Stärke des Kaffees zeigten (Milch-/Kaffeeanteil). Der Gast wählte darauf die Farbe, welche sein Kaffee haben sollte.

Herrschaften im Kaffeehaus, 19. Jahrhundert

Noch mehr Bedeutung erhielt das Wiener Kaffeehaus Ende des 19. Jahrhundert, als berühmte Schriftsteller und Literaten begannen, das Kaffeehaus zu ihrem permanenten Aufenthalts- und gar Arbeitsort zu machen. Regelmässige Gäste waren beispielsweise Friedrich Torberg, Alfred Polgar, Peter Altenberg, Karl Kraus, Hermann Broch, Franz Kafka, Hugo von Hofmannsthal, nur um einige zu nennen. Neben den Literaten fanden auch Künstler, Politiker oder sonstige Berühmtheiten immer wieder den Weg ins Kaffeehaus, wobei neben vielen anderen Stefan Zweig, Leo Trotzki, Adolf Loos, Gustav Klimt, Theodor Herzl, Adolf Hitler, Egon Schiele, Siegfried Marcus oder Arthur Schnitzler zu nennen sind.

Ab 1950 mussten jedoch zahlreiche Kaffeehäuser ihre Tore schliessen, weil das Freizeitverhalten der Bevölkerung sich änderte. Andere Beschäftigungen wie Fernsehen dienten der Unterhaltung und wurden bevorzugt, oder aber die Kaffeehäuser verloren ihre Gäste an neuartige Espressobars. Dennoch konnten sich viele traditionsreiche Betriebe erhalten, und seit den 90er Jahren wächst das Interesse an den Kaffeehäusern wieder, was der Szene neuen Aufschwung beschert.

Es ist nichts besonderes, wenn ein Stammgast in einem Kaffeehaus stundenlang vor seinem Kaffee sitzt und die Zeitungen studiert. Er wird nicht gedrängt, erneut etwas zu bestellen. Es ist in Wien eine Selbstverständlichkeit, dass zu jedem bestellten Kaffee ein Glas frischen Leitungswassers serviert wird. Das sollte ursprünglich nicht – wie man grundsätzlich glaubt – dazu dienen, den angeblichen Flüssigkeitsentzug des Kaffees im Körper auszugleichen, sondern war dazu da, nach dem Genuss des Kaffees den Löffel, anstatt ihn abzulecken, ins Wasserglas zu geben. Denn ersteres entspräche nicht den Regeln des Anstandes, da der Kaffee ursprünglich den Adelskreisen vorbehalten war.

Heutzutage wird das Wasser selbstverständlich getrunken. Eine besondere Stellung im Wiener Kaffeehaus hat der Kellner inne, welcher hier auf keinen Fall so genannt werden will, sondern „Herr Ober“. Auch das rührt von anno dazumal, als ein Kellner nur servierte, einkassiert hat jedoch der Herr Ober. Ein Kellner wäre demzufolge untergeordnet, weshalb es heute noch passieren kann, dass ein Ober etwas unwirsch reagiert, wenn er als „Kellner“ bezeichnet wird.

Die Einrichtung eines Wiener Kaffeehauses ist in vielen Fällen ähnlich. Typisch sind die Thonet-Sessel, die Bänke und die Tische mit Marmorplatte. Oft haben Tische ihr eigenes „Abteil“, was selbst im grossen Raum den einzelnen Gästen so was wie eine Privatsphäre ermöglicht. Die Räume sind hoch und nehmen nicht selten gleich zwei Seiten des Gebäudes ein (Sperl, Prückel, Westend, Griensteidl, Ritter, Diglas…). Manche Kaffeehäuser haben einen Schanigarten, der es ermöglicht, den Kaffee im Freien zu sich zu nehmen. Die meisten Lokale haben neben einer umfangreichen Kaffee- auch eine Speisekarte oder bieten zumindest kleinere Gerichte und Snacks an. Manche warten gelegentlich mit Pianomusik auf.

Dann ist das aber noch die Sache mit dem Glas Wasser, welche in Wien unverzichtbar ist., denn was wäre das Wiener Kaffeehaus ohne das obligatorische Glas mit klarem Leitungswasser auf dem Silbertablett. Meist wird der Kaffeelöffel dabei auf den Glasrand gelegt. Worum also geht es bei dem mitgeliefertem Glas Wasser? Es sind mehrere Punkte:

  • Die Legende: Bei den Nomaden in Arabien war das Wasser kostbarer als der Kaffee. Also war es Ausdruck höchster Gastfreundlichekeit, wenn dem Gast zum Kaffee ein Glas Wasser mitserviert wurde.
  • Die Tradition: In Wien gilt das kritallklare, hochsaubere Trinkwasser seit dem Bau der Wasserleitung vom Schneeberg her als Tradition. Wohl kaum eine andere Stadt von der Grösse Wiens verfügt über derart qualitätvolles Leitungswasser.
  • Der wiederkehrende Geschmack: Nach jedem Schluck aus der Kaffeetasse folgt ein solcher aus dem Wasserglas. Dies neutralisiert die Geschmacksnerven im Mund und bereitet beim nächsten Schluck Kaffee erneut das volle Geschmackserlebnis.
  • Die Indivitualität: Grundsätzlich wird der Kaffee stark gebraut, wodurch er sehr intensiv schmeckt. Mit dem Wasser kann der Gast die Stärke seines Kaffees seinen Bedürfnissen anpassen, indem er ihn nach Bedarf verdünnen kann.
  • Die Gesundheit: Neben der stimulierenden Wirkung auf das Gehirn regt der Kaffe auch die Tätigkeit der Nieren an. Um die Nieren also genügend mit „Arbeit“ zu versorgen, führt man dem Körper mit Vorteil Wasser zu.
planet-vienna, kaffee auf einem tablett

Jeder Wien-Besucher muss mindestens einmal während seines Aufenthaltes in einem Wiener Kaffeehaus einkehren, weil er ansonsten eine der wichtigsten und berühmtesten Wiener Traditionen, von denen es ja zahlreiche gibt, verpasst, denn wenn man neben Italien irgendwo die Kunst des Kaffeekochens wirklich versteht, dann mit Sicherheit in Wien… Es gibt eine Vielzahl von unterschiedlich zubereiteten Kaffees, und der Unkundige gerät schnell in Ratlosigkeit, wenn er im Kaffeehaus sitzt und die Karte aufschlägt. Folgende Arten Kaffee erhält man in jedem ordentlichen Wiener Kaffeehaus:

Brauner gross/klein

Schwarzer Kaffee mit Obers, wodurch er die braune Farbe erhält

Einspänner

Schwarzer Kaffee im Glas mit Schlagsahnehaube

Fiaker

Mocca mit Rum oder Obstler. Darauf eine Schlagsahnenaube. Das Ganze im Glas serviert.

Häferlkaffee

Heller Kaffee mit viel Milch, meist in einer grossen Tasse. In Deutschland bekannt als grosser Milchkaffee, in der Schweiz eine „Schale“

Franziskaner

Kleiner Mocca mit viel Milch, Schlagsahne und Schokostreuseln oder -Pulver

Kaffee verkehrt

Hier überwiegt der Anteil an Milch

Kaisermelange

Schwarzer Kaffee mit einem Eigelb

Kapuziner

Eine kleine Schale mit schwarzem Kaffee. Darin ein wenig Sahne, bestreut mit Kakao oder geriebener Schokolade 

Konsul

Schwarzer Kaffee mit ganz wenig Sahne

Maria Theresia

Ein Mocca mit Orangenlikör, meist im Glas serviert

Melange

Der Klassiker

Schwarzer gross/klein

Eine Tasse schwarzer Kaffee

Verlängerter

Tasse schwarzer Kaffee mit zusätzlichem heissem Wasser „verlängert“

Einspänner

Schwarzer Kaffee im Glas mit viel Schlagsahne und Puderzucker serviert.

Türkischer

Kaffee fein gemahlen und stark gebrannt, aufgekocht und mit Sud serviert


Bekannte Wiener Kaffeehäuser


Antiquarium, Kunsthandel, Online-Galerie, Kunst aus vergangenen Jahrhunderten
(Partnerseite von Planet-Vienna)