Café Central

1. Bezirk, Herrengasse 14

planet-vienna, das café central in wien

Das Café Central befindet sich im Palais Ferstel an der Herrengasse. Im Palais war ursprünglich die österreichisch-ungarische k.u.k. Nationalbank untergebracht sowie auch die Börse. Diese wurde 1878 in das neu errichtete Börsengebäude am Schottenring verlegt, und der Börsensaal im ersten Stock wurde alsbald zum Ballsaal umfunktioniert. Im glasüberdachten Hof des Palais eröffnete ein Kaffeehaus, welches zum Stammlokal der Literaten im 1. Wiener Bezirk werden sollte. Als erster Betreiber des Kaffeehauses dürfte Wenzel Prückel (1834-1917) fungiert haben, der später das Café Lurion am Stubenring übernahm und es in Café Prückel unbenannte (Information nicht gesichert, Anm.). Die Bedeutung des Café Central wuchs, nachdem Ende 19. Jahrhundert das alte Café Griensteidl seine Türen schloss und dessen Stammgäste sich im Central niederliessen.

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Das Café wurde immer mehr zum Treffpunkt namhafter Persönlichkeiten aus Kunst, Literatur und Politik. Keine geringeren als Kafka, Polgar, Loos, von Hofmannsthal, Kokoschka, Billroth, Hitler, Stalin oder Trotzkij tranken hier ihren Kaffee. Der Dichter Peter Altenberg soll das Central sogar als seine Wohnadresse angegeben haben. Im Central lagen nicht weniger als 250 Zeitungen in 22 Sprachen auf, und es gab eine Bibliothek mit Nachschlagewerken. Zu der Zeit befand sich ein Teil das Cafés im glasüberdachten Innenhof des Palais. Dieser war ganz nach Mailänder Vorbild geschaffen mit Arkaden und einer prunkvollen Festtreppe aus Marmor. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Café Central geschlossen.

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Im Jahr des Denkmalschutzes, 1975, renovierte man das Palais Ferstel, und ein Jahrzehnt später eröffnete das Café Central neu, diesmal nicht mehr im Innenhof, sondern in den prachtvollen Räumlichkeiten der ehemaligen Bankschalterhalle mit ihren zahlreichen Säulen und den beeindruckenden Kreuzgewölben. Man scheute keine Kosten für die Einrichtung und die Infrastruktur, und so entstand eine Gaststätte mit Charme und Flair. Die Einrichtung harmoniert mit der Architektur, ist edel und wohl konzipiert, so dass sich der Gast rundum wohl und in dem grossen Raum nicht etwa verloren fühlt. Eine Attraktion neben den beiden riesenhaften Gemälden mit Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Elisabeth im hinteren Teil des Raumes ist die Pappmaché-Figur Peter Altenbergs, welche beim Eingang an einem Tisch sitzt und die Gäste begrüsst.

Auch wenn man beim Café Central in allen Belangen auf die Authentizität eines gehobenen Wiener Kaffeehauses geachtet hat, so ist im heutigen Lokal nichts mehr vom alten Glanz zu spüren. Vielmehr drängen sich Gruppen von Japanern um die Tische und versuchen, in dürftigem Englisch etwas Wienerisches zu bestellen, und Zeitungen werden hier heute viel weniger gelesen als etwa Wien-Führer in zahllosen Sprachen. Zudem muss das einzige „Relikt“ aus alter Zeit, der ehrenwerte Peter Altenberg beim Eingang, permanent mit Touristen fürs Photo posieren… An den Wochenenden wird auf dem Bösendorfer in der Mitte des Raumes Musik gespielt.

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Figur Peter Altenbergs

Hat man Glück und findet im Café Central bei dem steten Ansturm einen angenehmen Platz, so wird der Aufenthalt hier ein wahrer Höhepunkt des Tages. Abgesehen von der atemberaubenden und unvergleichlichen Schönheit des Raumes findet man hier trotz permanenten Hochbetriebes aufmerksames, speditives und freundliches Personal, auch wenn es gelegentlich überfordert ist und Gäste vergessen gehen.. Was immer man hier serviert erhält – es schmeckt vorzüglich. Als Touristenattraktion und unverzichtbares Muss ist das Kaffeehaus – besonders nachmittags – meist bis auf den letzten Platz besetzt, und es herrscht reges und geräuschvolles Treiben. Wer den ganzen Charme und die Schönheit der Lokalität jedoch in Ruhe geniessen will, dem sei geraten, an einem Sonntag unmittelbar nach Türöffnung um 10.00 hier frühstücken zu gehen.

Das Café Central ist nämlich kein Caféhaus wie andere Caféhäuser, sondern eine Weltanschauung, und zwar eine, deren innerster Inhalt es ist, die Welt nicht anzuschauen. Was sieht man schon?“ Alfred Polgar


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